Unser kleiner Held

© 2013 Manuela Schwabe

Jeder der schon mal eine Leistung der Krankenkasse oder Pflegekasse in Anspruch nehmen musste, weiß wahrscheinlich warum ich auch hierfür eine eigene Seite erstellt habe. Leider scheint es die Regel zu sein, das gerade Eltern besonderer Kinder regelmäßig um ihr Recht kämpfen müssen!

 

Ich denke, dem ein oder anderen, wird das was ich hier schreibe, bekannt vorkommen-

 

Ich werde es wohl kaum schaffen, hier all meine lustigen und weniger lustigen Geschichten mit den Sachbearbeitern der Krankenkasse zu schildern, aber auch mit diesen Beispielen möchte ich anderen Eltern Mut machen, bloß nicht aufzugeben!

 

Justin hat mittlerweile Pflegestufe 3, doch der Einstieg damals (Justin war 2 Jahre alt) überhaupt eine Pflegestufe zu bekommen, war nicht wirklich einfach. Erst mal muss man ja auch erfahren, das einem  Pflegeleistungen zustehen.

Ich habe damals klein angefangen, habe mich (da einem ja niemand freiwillig über irgendwelche Leistungen informiert) im Internet schlau gemacht, was uns denn eventuell zustehen würde ... Der erste Antrag bei der Kasse war die Pflegestufe I, ein Gutachter kam raus, hat sich Justin ganz kurz mal angesehen und nach 4 Wochen kam die Ablehnung, mit der Begründung er wäre noch zu klein um das zu beurteilen, Kinder in dem Alter brauchen grundsätzlich „Rund um die Uhr“ Betreuung und Verpflegung.

Das konnte ich teilweise nachvollziehen, trotzdem habe ich Widerspruch gegen das Gutachten eingelegt, da ich der Auffassung war, das man bei einem „gesunden“ 2 jährigen Kind,

A) Nachts keinen Überwachungsmonitor (der alle 15 Minuten Alarm schlägt) braucht,

B) Man nicht bei jedem Zucken von einem Epileptischen Anfall ausgeht,

C) Keine Art der Kommunikation hat

Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Es fand dann nach dem Widerspruch nochmals eine Begutachtung statt, auch hier kam wieder die Ablehnung und von mir selbstverständlich der nächste Widerspruch! Nun ist es ja so, das im Falle eines Widerspruchs, der „Fall“ an den nächsten Vorgesetzten weitergeleitet wird. Unser Glück, denn dann kam plötzlich nach fast einem Jahr Kampf mit der Kasse der Bewilligungsbescheid ..."Pflegestufe II"... mehr als ich wollte, der erste kleine Sieg in einer großen Schlacht :-)

 

Irgendwann kam ich auch mal auf die Idee, das uns diverse Hilfsmittel zustehen müssten (was uns natürlich auch niemand verraten hat) ... Ich bin dann spontan zum Sanitätshaus, hab mich beraten lassen und bin dann mit meiner langen Liste zum Kinderarzt ... Pflegebett, Therapie-Stuhl, Badeliege, Autositz alles aufs Rezept und wieder los zu Krankenkasse ... Bei der ich dann wieder mal nicht auf viel Verständnis gestoßen bin ..."Brauchen sie das denn alles?" ... Neeeee, mir macht das Spaß sie zu ärgern und den ganzen Tag von Pontius zu Pilatus zu rennen!!!! Wieder wurde abgelehnt und wieder dauerte es fast ein halbes Jahr bis meine Anträge durch waren…

 

Aber ich habe alles bekommen, hat wohl etwas gedauert, aber wenn man die Damen und Herren dort bei Laune hält und jeden Tag anruft und nachfragt und notfalls auch mal mit dem Gang zum Anwalt droht...geht es meist zügiger!

 

Danach war erstmal Ruhe, denn wir waren ja nun versorgt ... Bis ungefähr zu, 5. Lebensjahr. Justin wurde langsam aufgeweckter und neugieriger und fing an sich im Pflegebett hinzustellen, alles noch halb so wild, aber als dann ein riesen Wachstums-Schub kam, ragte er mit dem Oberkörper über die Kante des Bettes ... Auch wenn das Bett runter gefahren wurde, hatte es noch eine Höhe von knapp einem Meter und der Gedanke was passieren könnte wenn Justin da mal übers Gitters drüber herfällt machte mir Angst!

Also musste ein neues Pflegebett her, eines das höhere Seitengitter hatte, leichter gesagt als getan ... Der Antrag bei der Kasse wurde "wie immer" erst mal abgeschmettert ... mit der Begründung: "Sie haben doch ein Bett bekommen das muss doch noch groß genug sein" ... Jaaaa gross genug schon, aber nicht hoch genug ... Bis ich die Kasse von der Notwendigkeit überzeugt hatte, vergingen...9 Monate!!!

Erst als die Abteilung eine neue Leiterin bekam, mit der ich mich dann tagelang auseinandergesetzt habe, bekam ich die Bewilligung ... Dazu war es notwendig, das ein Hilfsmittelberater zu mir nach Hause kam, der der Kasse bestätigte das ein neues Bett notwendig ist und ich der Kasse mit einer Unterlassungsklage drohen musste ...Zu guter letzt kam ich dann auf die simple Idee, unserer Sachbearbeiterin einfach mal ein Foto zu schicken, auf dem Justin fast aus dem Bett fällt!!! Sie war so schockiert, das mich am nächsten Tag das Sanitätshaus anrief um mit mir einen Termin zu vereinbaren :-)

Ab da dauerte es leider noch 2 Monate, da erst der Kostenvoranschlag des Sanitätshauses zu hoch war, dann das falsche Bett geliefert wurde und wir das neue endlich richtige noch 3 Wochen Lieferzeit hatten :-/ Ein sogenanntes Fluchtbett, es sah aus wie ein kleiner Löwenkäfig, 1m breit, 2m lang und knapp 2 Meter hoch, aber die Sicherheit geht halt vor und Justin fühlte sich darin auch sehr wohl …

Im November 2012 haben wir dieses Bett gegen ein ganz normales Pflegebett getauscht, das genügt Gott sei Dank mittlerweile für Justin. Auch dieser Tausch ging natürlich nicht reibungslos über die Bühne, aber die Bearbeitungszeit hielt sich in Grenzen (knapp 6 Wochen).

 

Eigentlich ist es bei jedem Rezept für irgendein Hilfsmittel das gleiche Drama, ich reiche es mit dem Kostenvoranschlag meines Sanitätshauses ein, die Krankenkasse holt sich einen zweiten Kostenvoranschlag bei ihrem Kooperationspartner, die kommen dann erstmal zur Beratung, Vermessung o.ä. vorbei, schreiben ihren Kostenvoranschlag, dei Krankenkasse schickt´s zum MDK, der prüft und entscheidet, dann kann ggf. bewilligt und bestellt werden. Allein durch dieses Bürokratische hin und her vergehen mindestens 6 Wochen!

 

Als Beispiel: Im November 2012 haben wir einen neuen Rollstuhl beantragt, da der alte zu klein geworden ist. Am 05.03.2013 bekam ich, nach etlichen Telefonaten, die Zusage!

Ich kann verstehen wenn es bei neuen Hilfsmitteln länger dauert, aber bei bereits vorhandenen, die einfach mit der Zeit wachstumsbedingt ersetzt werden müssen, sorry, da hört mein Verständnis auf!

 

Sogar die Reha nach der Hüft-OP wurde zuerst vom MDK abgelehnt. Begründung: Der Patient sitzt ja schon im Rollstuhl, die Reha würde daran nichts ändern. Ich hab gedacht ich les nicht richtig, selbst meine Sachbearbeiterin war schockiert und hat mich bei meinem Widerspruch unterstützt.

 

Ähnliches beim Autositz, Badeliege, Therapiestuhl, Rehabuggy, Liege-Rollstuhl nach OP, Nachtlagerungsschiene, bei der ersten Orthesen-Versorgung, Rollator,

 

Nach all den mehr oder weniger schlechten Erfahrungen, muss ich nun aber auch mal was zu Gunsten meiner Krankenkasse sagen ... Ich habe ja durch den ganzen Stress mit der Hilfsmittelversorgung viel mit meiner Sachbearbeiterin telefoniert (die ja auch diejenige ist, die meinen aufgestauten Frust am Telefon abkriegt) und wir haben uns eigentlich von Anfang an recht gut verstanden, sie hat sich die Zeit genommen mir zu erklären was denn da so lange dauert und warum ...

Fakt ist einfach, das die Krankenkasse wirtschaftlich arbeiten muss und sich somit, bei höheren Anschaffungen, immer einen zweiten Kostenvoranschlag einholt. Danach kann mit dem anderen Sanitätshaus verhandelt werden und der günstigere gewinnt!

Damit möchte ich nur sagen, das die Sachbearbeiter die unseren Frust abkriegen, ja eigentlich gar nichts dafür können, sondern der Fehler irgendwo in den Gesetzen oder Vorschriften liegt!

Bei den häufigen Dingen, wie Windeln, Orthesen und passende Schuhe usw. läuft es bei uns mittlerweile reibungslos und zügig.

Man muss zwar manchmal sehr viel Geduld und Nerven haben, aber mit einem starken Willen und Durchsetzungskraft schafft man selbst das mit Links :-)

Wenn jemand Fragen hat oder vielleicht Hilfe beim Widerspruch braucht, könnt ihr euch gerne über das Kontakt-Formular bei mir melden, ich habe immer ein offenes Ohr und mir fällt eigentlich auch immer irgendwas ein was helfen könnte!