Unser kleiner Held

© 2013 Manuela Schwabe

Obwohl Alltag?

Das trifft es eigentlich nicht so ganz, denn mit Justin ist jeder Tag ein neues tolles Erlebnis :-) Um 07:00 klingelt für gewöhnlich mein Wecker, Justin findet, das 07:00 eindeutig zu früh ist. Sein Blick, wenn ich ihm die Decke weg nehme, sagt mehr als tausend Worte. So böse sieht man ihn sonst nie gucken! Dementsprechend schwierig ist es ihn zum anziehen zu motivieren, manchmal verkriecht er sich in die hinterste Ecke des Bettes, weil er meint da käme Mama nicht dran! Üblicherweise gewinne ich dieses Spielchen. Danach geht es dann ins Bad, was auch jeden Tag auf´s neue zu einem Abenteuer wird. Zähne putzen wird in Justin´s Augen nämlich völlig überbewertet. Es macht ja auch viel mehr Spaß sich auf der Zahnbürste fest zu beißen und nicht mehr los zu lassen, weil man Mama damit ja prima ärgern kann. Mittlerweile habe ich dazu gelernt und habe eine elektrische Zahnbürste angeschafft, jetzt beißt er sich nur noch selten fest, weil es ihm ansatzweise Spaß macht. Ich darf dafür wohl jetzt jeden Tag den Spiegel putzen, aber das nehme ich gerne in Kauf.

 

Wenn alles gut läuft wird Justin morgens um kurz vor 8:00 mit dem Taxi zur Schule abgeholt. Er ist immer ganz aus dem Häuschen wenn der Wagen um die Ecke kommt, dann kann es ihm nicht schnell genug gehen ... Manchmal erwische ich Justin dabei wie er schon im Flur steht bevor ich ihn überhaupt angezogen habe, nach dem Motto: "Mama ist geh schon mal vor, Jacke und Schuhe kannst du ja nach bringen" ...
Sobald Justin im Taxi sitzt, mache ich mich auf den Weg zur Arbeit, es hat lange gedauert bis ich einen Arbeitgeber gefunden habe der mir trotz der Schwierigkeiten
mit Fehlzeiten, Ferien usw. eine Change gibt, aber es hat geklappt.
 

Nachmittags um 15:45 kommt Justin dann wieder nach Hause, meistens leicht erschlagen, je nach dem was in der Schule alles angestellt wurde. Er beschäftigt sich dann liebend gerne alleine in seinem Zimmer, es kommt sehr selten vor das ich mal mitspielen darf, zugucken ja, mitmachen darf ich nicht :-) Erst dann wenn er irgendwas wirklich nicht alleine hinbekommt oder irgendwas haben möchte wo er alleine nicht dran kommt, nimmt er meine Hand und führt sie zu dem Spielzeug ...

Seit langem ist sein allerliebstes Spielzeug ein Keyboard. Sobald er zuhause ist, muss er ganz schnell ins Zimmer, setzt sich ans Keyboard und spielt vor sich hin, faszinierender Weise hört es sich fast immer gut an.

Auf der einen Seite ist es schön, dass er sich so gut alleine beschäftigen kann und auf der anderen Seite vermisse ich manchmal schon die gemeinsamen Momente.

Da Justin noch nicht spricht (dafür aber sehr gut Geräusche imitieren kann), gestaltet sich die Kommunikation in allen Situationen sehr schwierig, aber im Laufe der Zeit habe ich gelernt welche seiner Reaktionen was zu bedeuten haben. Damit kommen wir eigentlich sehr gut zurecht, schwierig wird es wenn er Schmerzen hat und mir halt nicht sagen kann wo. Aber das kommt Gott sei Dank sehr selten vor... und ich gebe die Hoffnung nicht auf das er das Sprechen irgendwann noch lernt.

So verbringt Justin den Rest des Nachmittags irgendwo in der Wohnung und spielt mit dem was ihn gerade interessiert und wenn es eine leere Toilettenpapier-Rolle ist :-) Er ist da wirklich sehr kreativ, Hauptsache es macht auf irgendeine Art und Weise ein Geräusch, das ihm gefällt.

 

Wenn dann irgendwann das Abendessen auf dem Tisch steht, kann es Justin nicht schnell genug gehen ... es ist unglaublich was der kleine Mann alles verputzen kann und wenn sein Teller leer ist, kann man ja mal schauen was Mama noch so auf ihrem Teller übrig gelassen hat :-) Nach dem Essen wird meistens noch ein wenig gespielt und dann geht es ab ins Bett ...

Mittlerweile legt Justin sich selbst hin sobald er müde wird, oft komme ich ins Kinderzimmer und der Herr schläft schon, so das ich dann nur das Bettgitter hoch machen und ihn zudecken muss.

 Dafür wird Justin dann gegen 2 Uhr in der Früh nochmal fit und fängt an zu spielen. Dem entsprechend schwierig ist es natürlich ihn morgens um 7 Uhr aus dem Bett zu kriegen :-)

So, das war im allgemeinen unser Alltag, ich hoffe das ich damit zeigen konnte, das auch das Zusammenleben mit einem "besonderen" Kind sehr schön sein kann. Ich werde immer wieder gefragt, wie ich das alles schaffe, aber für mich ist das alles vollkommen normal und meistens habe ich sogar das Gefühl, das Justin nicht anstrengender ist als "gesunde" Kinder , sondern in meinen Augen eher pflegeleichter. Ich habe nun schon so viele Eltern mit einem besonderen Kind (oder mehreren) kennengelernt, wo ich mir sage, man hast du Glück gehabt!